Time-out!

Viele Teamsportarten von Eishockey über Handball bis Basketball kennen für extreme Stresssituationen einen reglementierten Notausgang, der sich auch für Streit und Konflikte eignet: Das Time-out.

Die Basketballer der Boston Celtics müssen kurz vor Schluss vier Punkte aufholen, die Schweizer Handballerinnen stellen 60 Sekunden vor Schluss auf Manndeckung um, die Eishockeyaner der Montreal Canadiens haben drei Tore in 60 Sekunden erhalten – ein Time-out ermöglicht eine Notfall-Intervention, um aus dem Stress heraus zu kommen.

Das gibt es auch bei Streit und Konflikten. Mir raucht das Hirn, ich fühle mich komplett missverstanden, mein Herz rast, mein Magen drückt, die Augen flimmern. Wie soll ich in so einem Moment noch gut zuhören, achtsam argumentieren, ruhig und konstruktiv bleiben? Genau: durch ein Time-out. Die präzise Regelung im Sport ist dabei eine gute Vorlage für zwischenmenschliche Konflikte:

1. Time-outs ins Regelwerk aufnehmen: Um Missverständnissen vorzubeugen, müssen die Regeln für Time-outs geklärt werden. Nur dann können sie ihre Wirkung nützlich entfalten.

2. Ich melde an: «Time-out!»: Ich signalisiere, dass ich einen Unterbruch brauche, eine kurze Pause, um danach konstruktiv weiterstreiten zu können.

3. Sofortiger Spielunterbruch: Egal, wo Themen, Argumentationen oder Lösungen gerade stecken, es wird unterbrochen, denn ich fühle mich ausserstande, angemessen zu reagieren. Jede weitere Minute verschlimmert die Situation nur.

4. Das Spielfeld verlassen: Ich stehe auf und verlasse das Zimmer, gehe auf die Toilette oder vor die Tür. Den Körper in Bewegung bringen und den Ort wechseln bewirkt innerlich oft eine erste Entlastung.

5. Auf der Bank durchschnaufen: In der Küche einen Kaffee machen, im Schlafzimmer den Rücken durchstrecken, auf dem Balkon eine Zigarette rauchen, auf der Toilette die Ruhe geniessen: Eine vermeintlich banale kleine Tätigkeit gibt mir andere Eindrücke und löst mich von der akuten Stresssituation.

6. Sich sortieren: Der kurze Moment ausserhalb des Streits führt meist fast automatisch zu einem Gefühl der Klärung. Ich habe ein wenig Spannung abgeschüttelt und spüre, was mir wichtig ist.

7. Zurück aufs Feld: Nach dem kurzen entspannenden Unterbruch kann ich dem Gegenüber oft wieder offener begegnen und bin in der Lage, den Konflikt konstruktiv weiterzuführen.

Direkt nach einem Time-out kann es gut vorkommen, dass etwas Grundsätzliches angesprochen wird, das einem in der kurzen Pause bewusst geworden ist, und das eine verfahrene Situation löst. Oder man fragt «Wo waren wir stehen geblieben?», und die zurückblickende Zusammenfassung erweist sich als konstruktive Weiterführung des Themas.

Gerade in intensiven emotionalen Auseinandersetzungen sind Time-outs ein effizientes Werkzeug, um im Strudel der Gefühle Ruhe und Klarheit zu finden.