«Was für ein wunderschönes Tor!», ruft der Mann aus dem Wohnzimmer. – «Ja, finde ich auch, sollen wir es kaufen?», antwortet die Frau aus dem Garten.
Erst nach ein paar verwirrten Sekunden fällt dem Mann ein, dass sie am Morgen im Do-It-Yourself-Center waren, um sich für ihren Garten inspirieren zu lassen. Und die Frau beginnt zu lachen, weil sie gerade den Werbeprospekt studiert hat und vergass, dass ihr Mann Fussball schaut.
Sprache kann so viele Dinge bedeuten. Das macht sie poetisch. Meistens. Im Streit kann ein Wort zu einem bösen Foulspiel und Sprache zu wucherndem Unkraut werden.
Oft kommt es bei Streitigkeiten vor, dass ich meine, wir reden vom Fussball, dabei redet mein Gegenüber vom Garten. Oder es ist wie beim «Telefonspiel»: Ich muss ohne Rückfrage einen komplizierten Satz ins nächste Ohr flüstern, was auch immer ich gehört habe – innert Kürze herrscht eine babylonische Sprachverwirrung. Was im Spiel meist in Gelächter endet, bleibt auch in Streitereien selten still. Wenn sich Anliegen im streitbaren Hin und Her immer mehr verzerren, steigt oft auch die Lautstärke.
Um diese unselige Mechanik zu durchbrechen, gibt es ein ganz einfaches Mittel: Ich bitte das Gegenüber, wiederholen zu dürfen, was ich gehört habe: «Habe ich dich richtig verstanden? Du meinst also …, dir ist wichtig, dass …, es geht dir um …?»
Mit dieser Verständigungsschleife stelle ich sicher, dass ich begriffen habe, was das Gegenüber ausdrücken wollte. Und mein Gegenüber wiederum ist sicher, dass es richtig gehört wurde. Wenn sich Verständnisfehler zeigen, kann mein Gegenüber noch einmal sagen, was ihm oder ihr wichtig ist. Verständnis wächst.
Was recht banal tönt, hat zwei erfreuliche Nebenwirkungen: Konflikte werden entschleunigt, und ich fühle mich «innerlich gehört». Beides sind Grundlagen für gute Lösungen bei Konflikten.
Vielleicht gerade weil dieses «Wiederkäuen in meinen eigenen Worten» so banal klingt, ist es anspruchsvoll. In Streitereien bin ich oft auf mich selbst, meine Argumente und meine Gefühle fixiert, und ich meine darum auch viel zu oft, dass ich beim anderen alles richtig verstehe – nämlich so, wie ich es verstehe. Und das ist nur allzu oft falsch.
Neben Entschleunigung und inhaltlichem Verständnis hilft diese Schleife auch, mich von der Fokussierung auf mich selbst zu lösen. Insgesamt also quasi drei wunderbare Tore für den «FC Verständnisschleife» – bzw. drei Handkniffe, um das Tor in den Garten der Konfliktlösung aufzustossen.
Und einen Bonus erhalte ich beim «Schleifen» obendrein: Fühlt sich mein Gegenüber richtig wiedergegeben, löst das ein reflexartiges «Genau!» oder eine ähnliche Bestätigung aus – Lob und Lohn in einem. In Streitereien solche kleinen Verständnisbrücken aufzubauen, das ist ein weiteres offenes Tor. Ein solches oder ein anderes.